Halle. „Die bekommen hier doch alles, denen geht es besser als uns.“ - Beate Wolf kann solche Kommentare nicht mehr hören. Gut dreieinhalb Jahre nach dem Start des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine begegnen einem solche Sätze aber immer häufiger. Derweil kann die 59-Jährige nicht einfach still bleiben, wenn Hilfe benötigt wird. Und blöde Sprüche von anonym im Netz motzenden Menschen würden daran auch nichts ändern, fügt sie an. Aber es ärgert sie natürlich. „Ich möchte mich einfach nicht dafür rechtfertigen, dass ich die Menschen in der Ukraine unterstütze. Wer einmal das Leid der Kinder dort gesehen hat, wird nicht daran zweifeln, dass dort Hilfe benötigt wird“, sagt Beate Wolf.
Seit 2003 sammelt die Hallerin bei Benefizveranstaltungen und Unterstützerfesten Geld und Sachmittel für den guten Zweck. Angefangen hat es mit der Finanzierung von Delfintherapien für behinderte Kinder. Es kamen besondere Führerscheine für behindertengerechte Fahrzeuge oder besondere Integrationsmaßnahmen einer fünfköpfigen albanischen Familie. Sie leistete Hilfe bei der Ausbildungsplatzsuche, schuf soziale Kontakte und leistete finanzielle Unterstützung. Bevor sie sich um die Opfer des Ukraine-Kriegs kümmerte, organisierte sie gemeinsam mit anderen Haller Bürgerinnen und Bürgern mehrere Hilfstransporte in die von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Gebiete rund um Stolberg im Sommer 2021.
„Eigentlich wollte ich nach der Flutkatastrophe aufhören, aber dann kam der Ukraine-Krieg“, sagt Beate Wolf fast schon entschuldigend. Ihre soziale Ader ist zu ausgeprägt, um die Füße hochzulegen und im TV zuzuschauen, wie andere leiden. „Es ist vielen gar nicht bewusst, wie gut wir es haben. Wir müssen viel häufiger über den Tellerrand schauen, um das festzustellen“, sagt die 59-Jährige.
Soziale Ader der Hallerin ist zu ausgeprägt, um selbst kürzerzutreten
Aber natürlich hinterlässt ihr Engagement auch Spuren. „Mein Leben war in den letzten vier Jahren Hardcore“, sagt die Hallerin, die selbst gesundheitlich angeschlagen ist und eigentlich etwas kürzer treten sollte. „Man schüttelt das alles nicht einfach so ab, es ist sehr emotional.“ Warum sie seit Jahren so engagiert ist, kann sie selbst gar nicht so richtig begründen. Jedenfalls gab es keinen persönlichen Schicksalsschlag innerhalb der eigenen Familie. Derartige Ereignisse können ja oftmals Auslöser sein, über viele nachzudenken und helfen zu wollen.
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„Vermutlich hat mich schon der Spruch meiner Oma geprägt, den sie mir ins Poesiealbum geschrieben hat: ’Willst du glücklich sein im Leben, trage bei zu anderer Glück, denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück’.“ Ein Spruch, der offenbar in Vergessenheit gerät, in einer Gesellschaft im Wandel, in der immer mehr Menschen nach dem Haar in der Suppe suchen.
„Ich muss mich oft rechtfertigen, für das, was ich tue. Warum sehen viele Menschen immer nur das Negative und pauschalisieren alles?“, fragt sich die engagierte Hallerin. Aber es gebe auch positive Momente. Neben ihrem festen Helfer- und Freundeskreis kämen manchmal Überraschungen hinzu. „Es ist toll, wenn Menschen auf mich zukommen, von denen ich es gar nicht erwartet habe. Kürzlich habe sich ein Stolberger, den sie bei der Hilfe im Hochwassergebiet kennengelernt hat, bei ihr gemeldet und ihr eine gewisse Summe zukommen lassen, die die Hallerin an bedürftige Stellen weitergeben solle. „Es gibt auch viele gute Menschen, die einen nicht vergessen. Wenn es aber diese Gemeinschaft einmal nicht mehr geben wird, sind wir verloren“, sagt die Hallerin.
Unterstützung erhält die Hallerin auch aus der eigenen Familie
Derzeit organisiert die 59-Jährige Medikamententransporte in die Ukraine. Unterstützt wird sie dabei von der Haller Apothekerin Dr. Anne Wiebke Baltrusch. „Sie ist eine dieser Personen, bei denen ich weiß, dass ich die anrufen kann und dass sie mich unterstützt“, sagt Beate Wolf. Sie selbst wolle gar nicht im Mittelpunkt stehlen, sondern sieht in diesem Artikel vielmehr die Chance, einfach mal Danke an alle Unterstützer zu sagen.
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Sich bestehenden Hilfsorganisationen anzuschließen, das war für sie nie eine Option. Mit der Unterstützung von Ehemann Axel und Tochter Anna-Lena bevorzugt sie den ganz direkten Weg und greift gelegentlich auf Kontakte zu Unternehmen aus ihrer früheren beruflichen Tätigkeit zurück. Beate Wolf hatte 15 Jahre lang in einer Zeitarbeitsfirma Jobs vermittelt, zuletzt war sie in der Pflege und in der Hospizarbeit tätig. Im Sommer 2022 erhielt sie für ihr ehrenamtliches Engagement die Rotary-Auszeichnung für Bürgerengagements. „Ich mache einfach und denke nicht so viel darüber nach“, sagte sie schon damals. Dieses Motto behält sie auch weiterhin bei.
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