Kanister und Campingklo: Haller Kita wartet seit 20 Jahren auf Wasser

Halle. Wenn die Eltern morgens ihren Nachwuchs zum Waldkindergarten am Schützenberg bringen, geben sie neben dem Kind auch stets ein bis zwei blaue Plastikkanister mit ab. Ein seit fast 20 Jahren festes Ritual, ohne das in der Einrichtung wohl nichts laufen würde. In dem Behälter ist frisches Wasser, und nachmittags, wenn es wieder von der Kita zurück nach Hause geht, nehmen die Eltern die vollen Kanister mit Wasser vom Abspülen oder Händewaschen wieder mit nach Hause. Bald soll sich das aber ändern, denn die Kita &bdquo;Wurzelzwege“ soll noch in diesem Jahr und somit 20 Jahre nach der Gründung im September 2004 durch eine Elterninitiative, einen Wasseranschluss erhalten. Bisher ist dieser Mangelware, ebenso gibt es keine Abwasserleitung. &bdquo;Wir freuen uns schon sehr drauf. Dann hätten wir auch mal warmes Wasser, und es würde nie knapp werden“, sagt Lena Grüter, Leiterin der Einrichtung. Problematisch wird die derzeitige Wasserversorgung auf Mittelalter-Niveau, wenn mal mehrere Kinder krank sind. &bdquo;Wenn die Eltern dann nicht kommen, gibt es von denen auch keine Frischwasserkanister“, sagt Grüter. &bdquo;Wir haben insgesamt 16 Kanister mit jeweils zehn Litern Inhalt im Umlauf. Wenn da aber mal fünf oder sechs fehlen, wird es schon eng“, sagt Grüter. Camping-Flair am Waldrand In diesem Zusammenhang kommt natürlich schnell die Frage auf, wo denn die 20 betreuten Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren auf Toilette gehen. Die Lösung findet sich in einem der insgesamt sechs Bauwagen, die alle miteinander verbunden und wegen einer durchgängigen Überdachung auch bei Regen trocken erreichbar sind. &bdquo;Hier sind unsere sanitären Anlagen“, sagt Einrichtungsleiterin Lena Grüter und öffnet die Tür eines Wagens. Auf etwa 15 Quadratmeter gibt es drei Camping-Toiletten und ein Waschbecken. Noch fließt kein Wasser am Waschbecken, es sei denn, ein Teammitglied schüttet gerade einen Teil des Kanisterinhalts über die Hände der Kinder. Aber alles ist schon für den Anschluss vorbereitet. &bdquo;Ich denke, es wird im Laufe des Jahres passieren“, sagt Sozialamtsleiter Oliver Lambrecht und wird direkt von Kitaleiterin Grüter sanft unter Druck gesetzt: &bdquo;Es wäre schön, wenn die Anschlüsse bis zu unserem 20. Geburtstag im September fertig wären.“ Lambrecht nickt etwas verlegen und sagt: &bdquo;Ich hoffe, wir schaffen das.“ Wenn in den kommenden Wochen ohnehin schon mal vor Ort gebuddelt wird, um die notwendigen Leitungen zu verlegen, dann wird man, so verspricht Lambrecht, die TWO bitten, auch direkt die Stromleitung überprüfen. Diese ist nämlich nach Aussage des Kita-Teams etwas schwach auf der Brust. &bdquo;Wenn hier mehrere Geräte laufen, haut das schon mal die Sicherung raus“, sagt Grüter. Zudem werden die Heizkörper in den einzelnen Bauwagen per Strom betrieben. Die meiste Zeit wird im Wald verbracht Die Bauwagen sind vom Team und von den Eltern liebevoll in Schuss gebracht worden und zudem mit dekorativen Wandbildern und holzverkleideten Decken versehen worden. Neben dem Gruppenraum gibt es noch einen Wagen mit Garderobenfunktion, einen Schlafraum, einen Wagen, in dem das angelieferte Mittagessen eingenommen wird, einen Abstellraum sowie besagten Sanitärbereich. Meistens sind die Wurzelzwerge aber ohnehin im Wald unterwegs, schließlich ist der Name bei ihnen Programm. Der Waldkindergarten heißt nicht so, weil er am Waldrand liegt, sondern weil die Natur das pädagogische Kernkonzept der Einrichtung darstellt. Im Wald steuert die Gruppe feste Spielplätze an, die von der Stadt regelmäßig kontrolliert und instandgesetzt werden. &bdquo;Wenn es mal ganz stürmisch ist, dürfen wir das Schinkenhaus in der Remise nutzen“, sagt Grüter. Der Anschluss an das Wasser- und Abwassersystem wird 42.500 Euro kosten. Den Großteil übernimmt die Stadt, der Waldkindergarten muss davon lediglich 2.000 Euro selbst stemmen. Hinzu kommen jedoch die Kosten für die einzelnen Anschlüsse innerhalb der Einrichtung. Neben viel Eigenleistung durch Eltern und Erzieherinnen, die es gewohnt sind, häufiger mal selbst handwerklich tätig zu werden, ist weiteres Geld notwendig. Flohmarkt füllt den Bauch des Sparschweins schon mal vorab &bdquo;Wir sammeln daher noch Spenden für das Projekt“, sagt Christian Witt vom Elternrat. Bei einem Flohmarkt sind kürzlich 800 Euro eingenommen worden, weitere 400 Euro wurden von Unterstützern der Einrichtung zugesagt. Das dürfte allerdings noch nicht ganz reichen, so dass man sich über weitere Unterstützung freuen würde. Als gemeinnütziger Verein kann der Waldkindergarten auch Spendenbescheinigungen ausstellen. Das Konto ist bei der Kreissparkasse Halle unter der IBAN DE41 4805 1580 0000 0511 69 verzeichnet. Die jährlichen Kosten der Einrichtung werden zu 96 Prozent von der Kitapauschale des Landes gedeckt, den restlichen Eigentanteil in Höhe von 6.000 Euro übernimmt die Stadt. Zum Team der Wurzelzwerge gehören neben der Leiterin Lena Grüter auch ihre Stellvertreterin Jessica Vogt, die bereits seit mehr als zwölf Jahren in der Einrichtung tätige Carina Weber sowie die beiden Fachkräfte Jennifer Cremer und Jan Jaranowsky. Sie werden von einer Alltagshelferin, einer Reinigungskraft und aktuell auch von zwei Schülerpraktikanten unterstützt.

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