HalleAlle packen mit an: Große Spendenbereitschaft für Ukraine im Altkreis

Die Hilfe für die Opfer des Ukraine-Krieges ist vor Ort überwältigend. Allerdings bremst zu viel gut gemeinte Unterstützung die Organisationen mitunter sogar aus. An manchen Stellen heißt es deshalb: Annahmestopp.

Andre Schneider

Langenheides Jugendleiter Gökhan Keles (rechts) war von den vielen Spenden überwältigt. - © Gökhan Keles
Langenheides Jugendleiter Gökhan Keles (rechts) war von den vielen Spenden überwältigt. © Gökhan Keles

Altkreis Halle. Mit diesem Ansturm hätten die Initiatoren nicht gerechnet: In vielen Orten werden derzeit Sach- und Geldspenden gesammelt. Auf der einen Seite rufen die Organisatoren zur Zurückhaltung auf. Auf der anderen freuen sie sich über prall gefüllte Fahrzeuge. Eine Borgholzhausenerin will die Spenden sogar persönlich übergeben.

Borgholzhausen

Der Schützenverein Borgholzhausen möchte sich einer Aktion von Wioleta Tazbir anschließen. Freitag wird am Schützenhaus von 15 bis 18 Uhr gesammelt, Samstag ist dort von 10 bis 14 Uhr die Annahmestelle geöffnet. Dringend benötigt werden haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung, Decken und Handtücher. „Wir wollen einfach etwas Gutes tun", erläutert die Vorsitzende des Schützenvereins, Martina Frehsmann-Pryce. Vor Ort würden die Spenden sortiert und in Kartons verpackt.

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Für die Hilfe ist die Organisatorin Wioleta Tazbir dankbar. Sie hat in Eigeninitiative eine Sammlung angeregt – mit riesigem Erfolg, wie sie sagt. „Wir können sicherlich drei Mal fahren." Am Samstag will sich die gebürtige Weißrussin auf den Weg an die polnisch-ukrainische Grenze machen und dort die Gegenstände persönlich abgeben. Allerdings gibt Tazbir zu bedenken, dass sich Spender mit Kleidung zurückhalten sollten. „Vor allem Winterkleidung wird nicht mehr so viel benötigt. Schließlich steigen die Temperaturen so langsam." Vor allem Nahrung und Hygiene-Artikel seien im Moment gefragt.

Werther

Diese Artikel landeten vorrangig in den Kartons des TuS Langenheide. Jugendleiter Gökhan Keles hat die Aktion des Sportvereins koordiniert und bereits erste Sammlungen durchgeführt. Im Telefonat mit dem Haller Kreisblatt zeigte er sich überwältigt. „Mit den Spenden können mehrere hundert Menschen versorgt werden." Etwa 80 bis 100 Kartons seien am Mittwoch am Sportplatz abgegeben worden. Keles verlädt die Spenden in einen Bulli und bringt sie zu einer Spedition nach Melle. Diese organisiert den Transport ins Krisengebiet. Am Freitag will der Jugendleiter des TuS noch einmal sammeln. An anderer Stelle in der Böckstiegelstadt bittet eine Organisatorin um Zurückhaltung. Sie will namentlich nicht genannt werden – aus Angst, noch mehr Kleiderspenden zu erhalten. „Ich komme nicht mehr hinterher", sagt sie. Ihre Handynummer wurde in den sozialen Netzwerken veröffentlicht, und seither hat sie alle Hände voll zutun. „Mir fehlen einfach die helfenden Hände und Kapazitäten."

Versmold

Wie vielerorts spielen die Sozialen Netzwerke auch in Versmold eine wichtige Rolle bei der Koordination von Spenden. Julia Leiendecker ist in einer virtuellen Gruppe aktiv. „Es gibt viele Leute, die helfen wollen", weiß die Versmolderin. Sie selbst sei während der Flüchtlingswelle 2015 aktiv gewesen und weiß aus ihrer Erfahrung, dass unkoordinierte, wenngleich gut gemeinte Hilfe oft kontraproduktiv sein kann. Daher verwies sie auf bereits bestehende Angebote in der Fleischstadt. Hier sammelt etwa die Kleiderkammer der evangelischen Kirchengemeinde freitags und montags von 10 bis 12 Uhr. Auch das Deutsche Rote Kreuz hält ein ähnliches Angebot vor, und zwar immer montags von 14 bis 17 Uhr sowie freitags von 14 bis 18 Uhr.

Das sagt das DRK

Auch das Deutsche Rote Kreuz im Kreis Gütersloh sieht sich mit einer Welle der Hilfsbereitschaft konfrontiert. „Das Telefon steht nicht mehr still. Der Spendewille ist riesengroß. Viele Anrufende wollen die Kontakte und die Logistik des DRK nutzen, um gesammelte Kleider, Medikamente, Lebensmittel oder Körperpflegeprodukte in das Krisengebiet zu schaffen", berichtet Marianne Schumacher, Vorstandsassistentin beim DRK-Kreisverband. Von Sachspenden aller Art rät das Rote Kreuz zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch dringend ab.

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Geldspenden dagegen, so Kreisvorstand Ilka Mähler, seien angesichts der aktuellen Lage in der Ukraine das Hilfsmittel der Stunde. Damit tatsächlich benötigte Hilfsgüter im Krisengebiet ankommen, hat das DRK-Generalsekretariat seine Schwestergesellschaften in den Bundesländern eindringlich darum gebeten, die stark beanspruchten Logistik- und Hilfeleistungsstrukturen nicht zu blockieren. Diesem Appell schließt sich auch der DRK-Kreisverband Gütersloh an. Vorstand Dennis Schwoch betont: „Gut gemeinte, aber nicht abgestimmte Lieferungen füllen Lagerhäuser und binden Transport- und Sortierkapazitäten. Sie helfen leider nicht. Stattdessen behindern sie die humanitäre Arbeit vor Ort."

Keine Kapazitäten

Zuletzt hätten die Zentralen des Polnischen und Ukrainischen Roten Kreuzes in Aufrufen an ihre internationalen Schwestergesellschaften darauf hingewiesen, dass keinerlei Kapazitäten zur Annahme nicht abgesprochener und nicht angeforderter Hilfslieferungen und Unterstützungsangebote vorhanden seien. Auch das Internationale Komitee des Roten Kreuzes hat darauf hingewiesen, dass unkoordinierte Lieferungen und Hilfe zu einem Infarkt lebenswichtiger Versorgungslinien führen können. Für Geldspenden an die Menschen in der Ukraine hat das DRK einen neuen zentralen Spendenzweck eingerichtet. Spender und Spenderinnen finden alle notwendigen Informationen im Netz, und zwar unter der folgenden Adresse: www.drk.de/nothilfe-ukraine.

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