Halle. Jeden Morgen steht er mauzend vor der Tür. Ebenso klagend wie fordernd besteht der Kater auf seine Futterration. Tag für Tag. Es ist der Alptraum eines jeden Katzenhalters, wenn der gewohnte Platz vor der Tür plötzlich leer bleibt. Alles Suchen, alles Rufen ist vergebens. Der Stubentiger ist verschwunden.
So ähnlich erging es Tina Wilke aus Halle. Am Donnerstagmittag vor zwei Wochen hatte sie ihren Jacky noch gesehen. Der sechs Monate alte Kater hatte danach das Haus über die Katzenklappe verlassen und war anschließend nicht zurückgekehrt. Obwohl Jacky kastriert ist und damit lange Ausflüge eher unwahrscheinlich sind, machte sie sich zunächst keine Gedanken. Tina Wilke wartete bis zum Montag und erkundigte sich dann bei der Polizei, um zu erfahren, wie es die Stadt Halle mit Fundkatzen handhabt.
- Katzen und Kater in Halle müssen, wenn sie Freigänger sind, ab dem fünften Lebensmonat kastriert werden.
- Die Kastration kostet etwa 55 Euro für Kater und 98 Euro für Katzen.
- Beim Chippen wird vom Tierarzt mit Hilfe einer Spritze ein Microchip von Reiskorngröße unter die Haut gesetzt. Die Kosten dafür betragen knapp 50 Euro. Mit Hilfe der 15-stelligen Nummer kann die Katze eindeutig identifiziert werden.
- Eine zusätzliche Tätowierung im Ohr hat den Vorteil, dass auch Laien sie erkennen und wissen, dass diese Katze einen Besitzer hat.
- Katzen können bei Tasso e.V. unter der Adresse www.tasso.net kostenlos registriert werden.
Sie erfuhr, dass diese im Bürgerbüro gemeldet und anschließend mit einem Fahrzeug des Bauhofes in das Tierheim Bielefeld transportiert würden. Eine Nachfrage bei der Stadt ergab, dass tatsächlich ein Fundtier, auf das die Beschreibung ihres Katers passte, abgegeben worden war.
Auch wenn Tina Wilke nicht selbst die Initiative ergriffen hätte, hätte sie Jacky früher oder später zurückbekommen. Denn der Kater ist gechipt. Ein Tierarzt hatte per Kanüle einen Transponder mit allen relevanten Informationen implantiert. Zudem ist das Tier beim Verein Tasso registriert.
„Die Geschichte von Jacky ist ein guter Aufhänger, um die Bedeutung der Kennzeichnung klar zu machen", sagt Helmut Tiekötter, Vorsitzender des Tierschutzvereins Bielefeld. Etwa 500 Katzen, die meisten davon sind Fundkatzen, werden jährlich im Tierheim Bielefeld abgegeben. „Wenn ein Tier gekennzeichnet und registriert ist, kann es schnell dem Besitzer zugeordnet werden", sagt Tiekötter. Diese Kennzeichnung kann per Mikrochip, aber auch durch eine Tätowierung im Ohr erfolgen. Wichtig ist jedoch, die Katze mit den entsprechenden Daten auch registrieren zu lassen.
In der Stadt Halle sind seit 2010 alle Katzenhalter verpflichtet, ihre Tiere, wenn diese Freigänger sind, zu kennzeichnen und auch kastrieren zu lassen. Dabei gilt als Katzenhalter auch der, der freilaufenden Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt.
„Durch die Kastration wird verhindert, dass sich die Zahl der freilaufenden und verwilderten Katzen weiter vergrößert", sagt Anke Hanke vom Ordnungsamt der Stadt. Denn in Halle sind herrenlose Fundkatzen inzwischen zu einem Problem geworden.

In einem Vertrag mit dem Tierheim Bielefeld hat die Stadt Halle ein Aufnahmekontingent von 15 Fundkatzen vereinbart. 2016 waren es jedoch 23, in diesem Jahr wurden bis gestern bereits 18 dort abgeliefert. „Für jede Katze müssen wir zusätzlich zahlen", sagt Anke Hanke.
Auch aus Sicht des Tierschutzes ist die Kastration sinnvoll, wie Helmut Tiekötter bestätigt. „Natürlich ist dies ein Eingriff in das Tierwohl. Doch in diesem Fall gibt es ein übergeordnetes Ziel, das wichtiger ist. Nämlich dem Elend von verwilderten Katzen vorzubeugen", sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins.
Die Kastration von Katern hat seiner Aussage nach noch den Nebeneffekt, dass die Tiere nicht so häufig in blutige Revierkämpfe verstrickt werden, bei denen nicht selten die Immunschwächekrankheit FIV übertragen wird.
Vier bis sechs Monate, so schätzt Tiekötter, verbringen Fundkatzen im Schnitt im Heim, ehe sie an neue Besitzer weitergegeben werden. Bei Jacky hat es nicht so lange gedauert. Weil Tina Wilke sich informiert hat und das Tier gechipt war. Darüber ist die Katzenbesitzerin ebenso glücklich wie Loui, der ein Jahr ältere Bruder von Jacky. Klare Sache, dass auch er einen Chip unter dem getigerten grauen Fell trägt.