Mit einem abwechslungsreichen Chorkonzert sind die 53. Haller Bach-Tage zu Ende gegangen. Der renommierte Knabenchor Gütersloh sang Motetten von Bach und Schütz sowie weitere Stücke für drei- bis fünfstimmigen Chor. So wurde ein musikalischer Bogen über drei Epochen gezogen, dessen Dreh- und Angelpunkt Johann Sebastian Bachs Musik bildete.
Die machte mit der Motette »Jesu, meine Freude« auch den Auftakt. Von Beginn an wird deutlich, worauf der künstlerische Leiter Sigmund Bothmann besonders Wert legt: auf brillante Artikulation, Aus- und Absprache sowie ein weites dynamisches Spektrum. Unterstützt durch erwachsene Tenor- und Bassstimmen und Generalbass-Begleitung (Bettina Pieck an der Orgel und Linda Mantcheva am Cello), entfaltet der Chor eine griffige Stimmpotenz, aus deren Mitte – während des Singens – die Solisten der Terzett-Partien nach vorne und wieder zurück in die Reihen treten.
Stephan Arnold tritt ans Pult
Die somit gewährte Geschlossenheit und Spannung kommt sicherlich auch der Konzentration der jungen Sänger zugute. In der zentralen Fuge »Ihr aber seid nicht fleischlich« wirken die sinnbildlichen Koloraturen auf dem Wort „geistlich" dennoch alles andere als „körperlos", sondern knackig-präsent. Um der plastischen Artikulation Willen lässt Bothmann – wie etwa in Heinrich Schütz’ Motette »Also hat Gott die Welt geliebt« – die konsonante Schluss-Endung auf „n" betont lange aussingen – was jedoch manieriert und überflüssig anmutet.

Für die zwei weiteren Schütz-Motteten (»Herr, auf Dich traue ich« und »Verleih uns Frieden genädiglich«) tritt Stephan Arnold ans Dirigentenpult und macht einmal mehr deutlich, dass Knabenchor und strahlende Stimmkraft sich keinesfalls ausschließen. Auch in den Sopran- und Altlagen kann der hauptamtliche Chorleiter auf stimmbildnerisch hervorragend geschulte Substanz bauen.
Nach einem mit italienischer Inbrunst vorgetragenem Abstecher in die Romantik (»La Fede« und »La Speranza« aus Gioachino Rossinis »Drei religiösen Gesängen«) und kurzzeitigen Wechsel des Instruments (zu einem klanglich fragwürdigen Klavier) stehen bei Bachs »Ruft und fleht den Himmel an« zwei junge Solisten im Fokus: Bei Joke Zawischas (Alt) und Felix Mellewigts (Tenor) inständig verziertem Duett erhält der zart fließende Gestus durch die Beschränkung auf Orgel- und Cello-Begleitung allerdings ein spürbar ausgedünntes, wenig tragendes Fundament.
Ein amüsanter Ausklang
Neben einem spritzig-energischen »Fair Phillis I saw« (John Farmer) und einem nachfedernd-echoisierten »Tanzen und Springen« (Hans Leo Haßler) setzen Jacob Arcadelts »Il bianco e dolce cigno« und Giaches de Werts »M’ha punt’ Amor« melancholische, aber auch martialische Zwischentöne.
Bei Adriano Banchieris komödiantischem Madrigal »Capricciata« geht es im wahrsten Sinne des Wortes tierisch zu, improvisieren hier doch die jungen Gütersloher (Stadt-) Musikanten als Hund, Katze, Kuckuck und Eule einen Kontrapunkt auf einer Basslinie und verirren sich dabei kurzzeitig in ein Stimmchaos. Ein amüsanter Ausklang der Haller Bach-Tage
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